Der Perückenboom in den 1970er Jahren, ausgelöst vom Wunsch der Europäerinnen, sich verwandeln zu können, traf auch die DDR, den sozialistischen Teil unseres Heimatlandes. Und da hier der staatliche Handel bei allen lukrativen Geschäften den Vorrang hatte, versuchte sich dieser mit der Bewältigung dieser Aufgabe und sah sich dabei bald überfordert.
Die Perücken wurden in sogenannten Exquisitläden im Verkaufskarton über den Ladentisch gereicht, was einfach absurd war. Es dauerte deshalb gar nicht lange, dass die beiden Perückenhersteller in der DDR, der volkseigene Betrieb HAARKUNST WERNESGRÜN und die HAARMODEN LEINEFELDE, uns den Handel mit Perücken gestatteten. Zur zweimal jährlich stattfindenden Leipziger Messe bedeuteten uns deren Direktoren, dass wir als Bezieher von Haarteilen, die wir indes handeln durften, nun auch Perücken in unser Haarersatzangebot aufnehmen dürften, weil der volkseigene Handel damit vollkommen überfordert war.
Und diese Chance ergriffen wir. Die Perücken wurden unter Neueinstellung einer Friseurin angepasst, frisiert und geschnitten. An manchen Tagen waren das 15 bis Zwanzig. Wir hatten also volles Programm. Nebenbei entstand ein Nachnahmeversand, der uns durch regelmäßige Zeitungswerbung in der gesamten DDR bald so bekannt machte, dass wir uns räumlich und personell vergrößern mussten.
Ich entschloss mich, Beratungstage in Städten wie Leipzig, Rostock, Chemnitz, Jena und Erfurt zu veranstalten, wozu uns der Demokratische Frauenbund der DDR jeweils seine Räume zur Verfügung stellte.
Da mein Mann außerdem als Opernsänger tätig war, hatte ich engen Kontakt zum Theater, das heißt zur Maskenbildnerszene, die mir in Heimarbeit manches Haarteil oder Toupet anfertigten.
Aus der DROGERIE HERRICH auf der Schandauer Straße in Dresden war ein sich schnell entwickelndes Haarersatz-Zentrum mit dem Namen STUDIO HERRICH geworden.
Juni
20
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